Impuls zumWochenspruch zum 4. Sonntag vor der Passionszeit
4. Sonntag vor der Passionszeit
Kommt her und sehet an die Werke Gottes,
der so wunderbar ist in seinem Tun
an den Menschenkindern.
(Psalm 66,5)
An diesem Sonntag wenden wir uns einmal ganz dem Tun Gottes zu. Seine Macht steht im Mittelpunkt dieses Sonntags. Aber da sollte sie nicht bleiben. Gottes Macht sollte uns allgegenwärtig sein, so wie unser Schöpfer es ist.
Wenn wir an Macht denken, ist dieses denken oft negativ behaftet. Die Macht, die in der Welt herrscht, die die Obrigkeiten ausüben, schafft viel Leid, Mühsal und Qual. Verlust, Angst und Trauer. Zerstörung, Verwüstung und am Ende Einsamkeit. Viel Gutes ist an der heutigen Macht nicht zu finden.
Und oftmals denken wir über Gottes Macht genauso.
Gewaltig, furchteinflößend, beängstigend, brutal. Wir picken uns die „faulen“ Rosinen aus dem Kuchen, weil wir es nicht anders gewohnt sind. Wir sind von Dunkelheit umgeben und glauben, auch in Gott dunkles zu sehen.
Dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Gottes Macht wirkt Gutes, auch wenn wir es mit unserem Kleinglauben und unserem beschränkten Blick auf die Geschehnisse dieser Welt oft nicht erkennen können oder vielleicht auch nicht erkennen wollen, passt es doch sonst nicht in unser „Gottesbild“.
Wenn ich ein pessimistischer Mensch bin, dann sehe ich nur das negative in der Welt, in jeder Situation, die mir begegnet. Ich beäuge Menschen, weil ich nichts Gutes von ihnen erwarte. Ich taste mich nur langsam an Situationen heran, weil ich Angst vor dem habe, was mir passieren könnte. Und es passiert definitiv immer etwas Schlechtes. Ich habe meine Augen vorne, hinten, links und rechts, ich bin in Dauerspannung, weil irgendetwas passieren oder irgendwer mich anmachen könnte.
Boh, wie anstrengend. Und machtlos.
Wie machtlos wir in solchen Situationen werden. Machtlos und starr. Wir glauben zu wissen, dass nur etwas Schlechtes kommen kann und fügen uns diesem trostlosen Schicksal. Wir machen uns eher noch Gedanken darüber, WAS alles und WIE alles kommen wird, anstatt uns Gedanken darüber zu machen, wie wir ein Problem lösen können. Die Gedankenspirale nimmt seinen Lauf und wir werden träge und starr. An ein Weiterkommen, Vorwärtskommen ist nicht mehr zu denken.
Aber Gottes Macht ist anders.
Kommt her und sehet an die Werke Gottes,
der so wunderbar ist in seinem Tun
an den Menschenkindern.
(Psalm 66,5)
Nehmen wir uns die Bibelstelle, die uns heute als Predigttext vorgelegt wird.
Markus 4,35-41
Die Stillung des Sturmes
Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren.
Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere
Boote bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot,
sodass das Boot schon voll wurde. Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen.
Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen?
Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme!
Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. Und er sprach zu ihnen:
Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? Und sie fürchteten sich sehr
und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!
Ein langer, lehrreicher Tag liegt hinter unseren Jüngern. Auch in ihrem Leben mit Jesus gleicht kein Tag dem anderen. Immer ist irgendetwas los. Viel haben sie schon erlebt, gehört und gelernt. Und doch …so richtig tief, sitzen die Worte Jesu immer noch nicht.
Wie steht es um uns? Wie tief verankert sind die Worte Jesu wirklich in unseren Herzen? Im Alltag? In Krankheit? In Bedrängnis? In Not?
Der Tag unserer Jünger klingt so langsam aus und sie wollen alle nur noch ein bisschen Ruhe.
Ruhe? Mit Jesus?
Jesus kennt sie und uns ganz genau und ich denke, genau deswegen führt ER uns auch immer mal wieder in solche „speziellen“ Prüfungen hinein, wie sie die Jünger noch an diesem Abend erleben sollten. Er weiß, wo unsere Schwachstellen sind und wo es uns an Glauben fehlt. Es ist keine Schikane oder Willkür oder Machtdemonstration. Hier geht es nicht um Einschüchterung oder Unterwerfung, sondern um Glauben ins reinster und vollkommener Form. Was bringt es uns an Jesus Lippen zu hängen und zu allem, was er sagt, „Ja“ und „Amen“ zu sagen, wenn wir Seine Worte und Seine Wahrheit nicht tief in unseren Herzen verankert haben? Glaube wächst. Er ist das kleine Samenkorn, was in unsere Herzen gepflanzt wird und nach und nach zur Reife gelangt.
Nur weil wir uns haben taufen lassen und an Jesus glauben, sind wir nicht automatisch wie Er, fest im Glauben, unerschütterlich, rein und heilig. Es ist mitunter ein langer und harter Weg der Veränderung, den wir gehen müssen. Aber auf diesem Weg sind wir nicht alleine. Diesen Weg gehen wir, genauso wie die Jünger damals, mit Jesus zusammen. Und das nicht nur einen Tag, eine Woche oder ein Jahr lang, sondern ein Leben lang. Das, was die Welt aus uns gemacht hat, nimmt Gott nun wieder in Seine Hände und verändert uns Stück für Stück zurück in das, was ER einst geschaffen hat.
Und ja, es ist ein harter und steiniger Weg, den wir einschlagen müssen. Aber es lohnt sich!
Da wo die Welt uns im Regen stehen lässt, fängt Gott uns auf und führt uns in Seine Gemeinschaft. Er stößt uns nicht von sich, wenn es hart auf hart kommt, wenn wir einsam und verlassen sind, wenn wir Trost und Schutz brauchen. Dann streckt Er uns erst recht die Hand entgegen und nimmt uns in Seine Mitte. Ins Zentrum der Trinität, umgeben von Gott+Jesus+Heiligem Geist. Geschützt und gestärkt.
Aber genau diesen Schutz, diese Obhut, diese Gegenwart Gottes vergessen wir leider immer mal wieder. Und dann muss Jesus uns ein wenig auf die „Sprünge“ helfen.
Die Jünger erfahren dieses „auf die Sprünge helfen“ einmal mehr am See Genezareth. Warum wohl wollte Jesus an diesem Abend noch über den See schiffern? Weil er nächtliche Schifffahrten so sehr mochte? Die Sterne am Himmel, der pralle Mond am Horizont – eine wunderbar entspannte Atmosphäre, die ER seinen Jüngern nicht vorenthalten wollte? Klingt plausibel. Jesus liebte die Einsamkeit, Ruhe und Erholung. Man kann nicht nur schuften und ackern, wir brauchen auch stille Zeit, ruhige Zeit, Zeit mit Gott.
Aber ich könnte mir vorstellen, dass Sein Antrieb ein bisschen anders gelagert war. Vielleicht gab es noch zu viele offene Fragen der Jünger? Vielleicht saßen die Lektionen einfach noch nicht tief genug in ihren Herzen. Vielleicht hörten Sie seine Worte, aber sie HÖRTEN sie nicht mit ihren Herzen. Es waren viele Gleichnisse und Predigten, die er am Tage erzählt hatte. Viel Input. Vieles, was Fragen aufwirft und vieles, was vielleicht auch schnell in Vergessenheit geraten könnten, wenn dem nicht etwas Einprägsames folgte.
Es gibt vorher einige Stellen, die mich hellhörig werden ließen.
Als er vom Gleichnis des Sämanns erzählt, können wir folgendes lesen:
Nachdem Jesus das Gleichnis vom Sämann den Menschen erzählt hatte, die sich um ihn herum versammelt hatten, sagt er:
Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
(Markus 4,9)
Dann spricht er nur mit seinen Jüngern:
Vom Sinn der Gleichnisse
Und als er allein war, fragten ihn, die um ihn waren, samt den Zwölfen nach den Gleichnissen.
Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen draußen aber
widerfährt es alles in Gleichnissen, auf dass sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.
(Markus 4,10-12)
Die Deutung des Gleichnisses
Und er sprach zu ihnen: Versteht ihr dies Gleichnis nicht,
wie wollt ihr dann die andern alle verstehen?
(Markus 4,13)
Auch die Jünger waren nur normale Menschen, wie all die anderen, die sich um Jesus herum versammelt hatten. Auch sie hörten nur mit den Ohren, und nur selten mit den Herzen. Auch ihr Weg des wahren Glaubens begann zwar mit dem Kennenlernen von Jesus, doch endet … erst in der Ewigkeit bei Gott.
Ich finde diesen Hinweis „auf dass sie mit sehenden Augen sehen“ sehr interessant.
Wir sind Menschen. Wir sind schwach, beeinflussbar und oftmals sehr kleingläubig. Warum sollte es den Jüngern anders gegangen sein?
Wie oft glauben wir Dinge nur, wenn wir sie selber sehen oder erleben? Nimm dir nur mal Thomas. Er musste seine Finger in die Wunden von Jesus legen, um wirklich zu glauben, dass es Jesus ist, der da leibhaftig wieder vor ihm stand.
Wir wissen, dass Gott Unmögliches möglich macht und doch glauben wir es oft erst, wenn wir das Unmögliche live erleben. Aber genau das ist auch der Lernprozess, der Weg, den wir gehen müssen, der Weg des wahren Glaubens.
Gott hat Mose auch erst ein paar Demonstrationen seines Unmöglichen vor Augen führen müssen, bevor er von Seiner Macht überzeugt war (zumindest zum größten Teil). Er sah den brennenden Dornenbusch, hörte Gottes Stimme und war doch noch nicht gänzlich überzeugt. Es hat auch bei ihm nicht *bähm* gemacht und er thronte mit seinem Glauben all über allem. Er war genau wie wir, zweifelnd und skeptisch. Hinterfragend und unsicher. Und doch ließ er sich führen. Er vertraute und glaubte immer ein Stückchen mehr und mehr, immer weiter und größer, weil er zuließ, viel mit Gott zu erleben. Weil er Gott in seinem Leben zuließ.
Die Israeliten haben während ihrer Wüstenwanderung zig Mal das Unmögliche in Gott erleben dürfen und waren doch immer wieder so ungläubig, weil viele ihn nicht gänzlich in ihrem Leben zuließen.
Aber was wäre gewesen, wenn all unsere Helden aus der Heiligen Schrift nicht an das Unmögliche in Gott geglaubt hätten?
Was wäre gewesen, wenn Noah keine Arche gebaut hätte? Grund genug hätte er gehabt, schließlich war weit und breit keine Wolke zu sehen, von Sintflut ganz zu schweigen.
Was wäre gewesen, wenn Mose vor dem Toten Meer kapituliert hätte. Wie sollte er Mensch und Tier heil über dieses tiefe und breite Meer bringen? Zeit, um sich Boote zu bauen hatten sie nicht, die Ägypter saßen ihnen bereits im Nacken.
Was, wenn Maria der Botschaft Gabriels nicht geglaubt und sich geweigert hätte, Gottes Wort zu folgen? Wie soll sie ohne Mann schwanger werden? Lächerlich und vollkommen fern jeglicher Naturgesetze.
Was, wenn Jesus nicht ans Kreuz gegangen wäre? Solch immenses leiden für was, für wen? Wer garantiert, dass er wirklich wieder auferstehen wird?
Ich muss gestehen, ziemlich große Glaubensschritte, die unsere Protagonisten hier gehen mussten. Aber nicht aus ihrer menschlichen Natur heraus konnten sie dies tun, Gott hat es in Ihnen bewirkt. Und so wie Gott all die Männer und Frauen vor uns, durch für uns vielleicht merkwürdig anmutende Methoden, an Sein Zeil geführt hat, so tut er es auch heute noch mit uns.
Kommt her und sehet an die Werke Gottes,
der so wunderbar ist in seinem Tun
an den Menschenkindern.
(Psalm 66,5)
Gott ist nicht nur unser Schöpfer, Er ist auch der Schöpfer dieser Welt, dieser Erden, der Himmel, der Tiere und Pflanzen. Und Gott hat nicht nur alles geschaffen, Ihm unterliegt auch alles.
Auch wenn Er vieles Seiner Schöpfung in unsere Hand gegeben hat, hat Er sich doch zumindest das Wichtigste behalten – die Allmacht über alles – über das Sichtbare, aber vor allem auch über das für uns Unsichtbare. Er hat immer noch und bis ans Ende aller Tage die Macht über das Unmögliche im Möglichen. Die Macht über den Glauben. Und diese Kraft legt Er uns in die Hände. Eine Macht, mit der alles möglich ist.
Ich las einmal einen Spruch:
„Manchmal lässt einen der Glaube dumm aussehen,
bis es anfängt zu regnen.“
Noah
Und ja, so ist es manchmal. Wenn wir uns nicht der Welt beugen, sondern Gottes Weisungen folgen, müssen wir immer wieder Glaubensprüfungen durchmachen. Aber damit will Gott uns nicht brechen, sondern errichten. Er will nicht seine Macht demonstrieren, sondern uns Sicherheit schenken. Er will uns nicht unterwürfig machen, sondern stark; stark im Glauben an Seine Allmacht, Sein Eingreifen und Seinen Schutz. Wir sind nicht alleine auf dieser Welt. Wir haben Jesus an unserer Seite!
Die Jünger dürfen diese Lektion einmal mehr in dieser ganz besonderen Nacht erleben. Denn nachdem sie bereits auf hoher See waren, nutzt Jesus die Stille der Nacht, um sich ein bisschen aufs Ohr zu legen.
Doch dann wurde es plötzlich unruhig um sie herum. Der Wind nahm zu und wurde zu einem großen Wirbelsturm. Die Wellen schlugen über dem Boot zusammen und fluteten die kleinen Fischerboote. Die Jünger müssen sich wie in Walnussschalen gefühlt haben. Kleine Boote, offene See und ein riesiger Sturm, der um sie herumtobt. Was wenn sie jetzt untergehen? Alles aus und vorbei? Dem Sturm können sie mit ihren kleinen Booten niemals Stand halten. Das Ufer ist viel zu weit weg und die Wellen viel zu hoch und mächtig, um sicher ans Ufer zu schwimmen. Sie stehen nicht nur mitten in einem Orkan, sondern auch kurz vor dem sicheren Tod. Und was macht Jesus? Jesus schläft. Er interessiert sich gar nicht für das Leben seiner Jünger. Erst bringt er sie raus auf den See und mitten die Gefahr hinein und dann lässt er sie alleine.
Und er sprach zu ihnen:
Was seid ihr so furchtsam?
Habt ihr noch keinen Glauben?
(Markus 4,40)
Habt ihr NOCH keinen Glauben!
Wow, was für eine Ansage.
Haben wir noch keinen Glauben?
Wie oft geraten wir in Stürme in unserem Leben?
Wie oft fühlen wir uns, wie in einer kleinen Walnussschale auf hoher See.
Einsam und von allem und jedem verlassen.
Wie oft türmen sich hohe Wellen vor uns auf und machen uns mehr als Angst?
Habt ihr noch keinen Glauben?
Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer:
Schweig! Verstumme!
Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille.
(Markus 4,39)
Für Gott ist nichts unmöglich!
Gott hat alles erschaffen. Ihm untersteht alles und jeder.
Dieser Sonntag soll uns nicht nur an Gottes Macht über die Naturgewalten erinnern, sondern Seine Allmacht. Seine Macht in unseren ganz eigenen, ganz persönlichen „Naturgewalten“. Gottes Macht in all dem, was uns unmöglich erscheint.
Wenn wir in die Stürme unseres Lebens geraten, und das werden wir, dann sollten wir nicht dem Sturm in die Augen schauen und vor lauter Angst und Gedanken des „Jetzt ist alles aus und vorbei“ verharren, sondern wir sollten in die Augen von Jesus blicken. Gottes Hand ergreifen und uns durch den Glauben an Ihn, aus diesem Sturm herausführen lassen.
Gott stillt unsere Stürme – wenn wir es zulassen, Ihm vertrauen und daran glauben – dass bei Gott alles möglich ist.
AMEN
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